Quelle: http://automobilwoche.com/cgi-bin/news.pl?newsId=3034


Im Porsche-Vertrieb knirscht es

Vorstand Riedel hält die Händler-Klagen für übertrieben und verteidigt das neue Margensystem

Gerhard Mauerer Automobilwoche/15. März 2004

Genf. Unter den deutschen Vertragshändlern von Porsche wächst der Unmut. Dies belegt die neue DSI-Studie 2004 der Universität Bamberg, die Automobilwoche in Auszügen vorliegt. Unzufrieden sind die Händler vor allem mit dem - stark leistungsbezogenen - Bonus- und Margensystem, das Porsche im vergangenen Jahr eingeführt hatte. Porsche-Vertriebschef Hans Riedel ficht das jedoch nicht an. "Geld und Marge", mahnte er im Gespräch mit Automobilwoche, "sind kein Automatismus. Beides muss hart erarbeitet werden. Unser Geld fließt deshalb nur dorthin, wo der Kunde unserem exklusiven Anspruch entsprechend bedient wird."

Gelassen ist Riedel schon deshalb, weil die Unzufriedenheit bislang noch zu keiner Vertragskündigung geführt hat: "Ich kenne keinen Händler, der seine Franchise aufgeben würde." Im Gegenteil: "In den vergangenen zwei Jahren haben unsere Partner weltweit über 900 Millionen Euro in ihre Franchise investiert." Dies sei ein klares Zeichen für eine große Zuversicht, findet der Vertriebschef. Im Übrigen sollten die Kritiker doch auch einmal das Umfeld betrachten: "Jeder Porsche-Händler weiß doch, welche Margen die Kollegen anderer Marken haben." Bei den Rentabilitäten, die Porsche erwirtschafte, gebe es nach wie vor für alle eine Win-win-Situation, "sowohl für den Konzern als auch für den Händler".

Sorge bereitet dem Porsche-Vorstand da schon eher, dass trotz monatelangen Verhandlungen mit der EU-Kommission in Brüssel die erhoffte Einzelfreistellung von der neuen Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) noch immer nicht in Sicht ist. Porsche möchte als Nischenanbieter die Vorteile der alten Vertriebsordnung, vor allem die Einheit von Vertrieb und Service, für sein Netz erhalten.

Riedel: "Die Gespräche mit der EU-Kommission laufen noch. Eine Entscheidung gibt es noch nicht." Der Porsche-Standpunkt sei klar: Man wolle, dass Rahmenbedingungen geschaffen werden, "die für einen Kleinserien-Hersteller wie Porsche nötig sind, um in der Nische zu bestehen". Dazu gehöre auch eine Produktion, die sich eng am Bedarf orientiere und so helfe, die Preise stabil zu halten. "Wir haben im vergangenen Jahr in den USA und Deutschland Einheiten in nicht geringem Umfang aus dem Markt genommen. Das haben uns die Händler hoch angerechnet, denn bedarfsgerechte Bedienung der Märkte ist die beste Gewähr für Preisstabilität. Wir bauen lieber ein Auto weniger als eines zu viel, das dann auf Halde steht", so der Porsche-Vorstand.

Aus den Rabattschlachten hält sich Porsche weiter heraus - Incentives werde es auch weiterhin nicht geben. "Autos mit immer höheren Rabatten in den Markt drücken kann jeder. Autos zu einem vernünftigen Preis zu verkaufen, darin liegt die eigentliche Kunst", argumentiert Riedel. Als Beispiel nennt der Vertriebschef das derzeitige Leasingprogramm für den Elfer. Wer das aktuelle Modell bestelle, könne 18 Monate später zu attraktiven Konditionen auf den Nachfolger umsteigen. "Damit", so Riedel, "geben wir dem 911 und der Handelsorganisation frische Impulse." Die Aktion sei ein voller Erfolg. In Deutschland habe sich die Nachfrage nach dem Elfer "spürbar belebt".