Ich bin den F430 noch nie selbst gefahren und deshalb wäre es sicherlich unfair etwas Negatives über den F430 zu verbreiten. ABER: es ist kein Geheimnis, dass Ferrari Testwagen nur zögerlich abgibt und wenn sie es tun, dann an "ausgewählte" Redaktionen.
Ich werde mal versuchen, das Ganze von einer anderen, vielleicht logischeren Seite zu beleuchten: Ferrari betreibt einen unglaublichen Aufwand in der Formel Eins. Da die Serienfahrzeuge mit den Formel Eins Boliden nicht einmal ein Schräubchen gemeinsam haben, dürften vermutete Synergieeffekte gleich Null sein. Auch bezweifle ich, dass Ferrari die Top Ingenieure und Testfahrer der Serienfertigung überlässt und nicht vor allem im Formel Eins Zirkus in den Einsatz bringt. Somit muss man sich ernsthaft fragen: testet Ferrari genug? Werden im Vergleich zur Konkurrenz genügend Fahrzeuge richtig hart ran genommen, werden Zulieferer ausreichend unter Druck gesetzt und entsprechend kontrolliert? Wie entwickelt Ferrari seine Serienautos, auf Sparflamme oder mit vollem Tempo, unabhängig vom intensiven Formel Eins Einsatz? Kann sich Ferrari eine derartige Divergenz seiner Top Leute in der Entwicklung leisten, arbeiten derart viele Menschen in der Entwicklung? Ehrlich gesagt: ich bezweifle das sehr stark.
Der F430 ist meiner Meinung nach einer der schönsten, wenn nicht sogar DER schönste Ferrari den die Italiener je gebaut haben. Das Fahrzeug hat ausserdem ausreichend Leistung, das Fahrwerk scheint top zu sein, die Technik wirkt ausgereift und auch sonst hört man wenig von Qualitätsproblemen. ABER: wieviele Ferrari F430 werden auf der Rennstrecke bewegt und wie viele F430 werden im Alltagsbetrieb eingesetzt? Wenige. Meiner Erfahrung nach funktioniert ein Ferrari relativ zuverlässig ODER muss laufend in die Werkstatt. Ein Mittelding gibt es da selten.
Walter Röhrl ist ein Phänomen in der Rennfahrer Landschaft. Obwohl er bereits leicht angegraut ist, fährt er so manchem jungen Rennfahrer locker davon. Walter Röhrl liebt Autos, es müssen nicht nur die seines jetzigen Arbeitgebers, Porsche, sein. Und viele Menschen, die ihn kennen, schätzen seine hochprofessionelle Meinung und sein Gefühl für Abstimmungen. Wenn WR meint, der F430 wäre nicht optimal abgestimmt und sogar ein Risiko für ungeübte Fahrer, so sollte man diese Bemerkung durchaus ernst nehmen.
Denn man sollte eine Sache nicht vergessen: Porsche testet nicht nur Porsche, bei meiner letzten "Spionagetour" nach Weissach war ganz klar ein roter Ferrari im Kreisel bei Testfahrten zu sehen. Man MUSS Konkurrenzprodukte fahren und testen, damit man einen Vergleich hat. Und natürlich will man selbst erfahren, wie weit die Konkurrenz voraus ist...oder hinterher hinkt. Es gibt sogar Gerüchte, dass sich die Autohersteller gegenseitig mit Fahrzeugen versorgen.
Und vielleicht sollte man abschliessend noch eine Tatsache erwähnen: vor Jahren fuhren die meisten Elfer jedem Ferrari auf der Rennstrecke locker um die Ohren. Ferraris waren schön, waren faszinierend, waren laut, eng und unbequem. Und leider waren sie auch weniger schnell, als sie aussahen. Ich kann mich noch an den Frust vieler Ferrari Besitzer erinnern und auch an die oft geäusserte Weigerung, nicht an gemeinsamen Rennstrecken Events mit Porsche Fahrzeugen teilnehmen zu wollen. So waren dann die Ferrari Fahrer unter sich und konnten sich gegenseitig die Fahne hoch halten. Mehr als einen symbolischen Wert oder vielleicht fahrsicherheitsrelevanten Lehreffekt hatten diese Veranstaltungen aber nicht.
Kurzum: der Bericht ist glaubwürdig aber ich hätte gerne mehr Details dazu. Dass ein Testwagen während Testfahrten kaputt gehen kann, kann vorkommen, das ist kein Beinbruch. Aber es MUSS einen Grund geben, warum Ferrari bei Testwagen derart zimperlich ist. Die Anzahl von verfügbaren Testfahrzeugen kann es nicht sein, da würde man sich schon aus PR Gründen ins eigene Fleisch schneiden.
Vielleicht liegt die Wahrheit irgendwo in der goldenen Mitte, die Qualität der Fahrzeuge mag besser als früher sein aber sie ist noch immer nicht dort, wo die Konkurrenz bereits angekommen ist. Und vielleicht hat man im Ferrari Lager immer noch ein wenig Angst vor den "bösen" Porsche, denn gerade jetzt mit einer kränkelnden Mutter Fiat und einem Formel Eins Desaster, kann jede Negativ Presse verheerende Auswirkungen auf die Verkäufe haben.
Allerdings dürfte es die Mehrzahl der Ferrari Kunden kaum interessieren ob Schumi erneut Weltmeister ist oder dass Walter Röhrl mit seinem Testwagen unzufrieden war. Hauptsache man fährt ein Auto mit dem springenden Pferd und erfreut sich an dem Motor- und Auspuffsound, sowie an den neidischen Blicken der Umwelt. Ob das Auto jetzt nur ein paar Sekunden schneller oder langsamer auf der Nordschleife ist, dürfte den meisten Ferrari Besitzern wurscht sein. Und diese Erkenntnis scheint auch auf Porsche Besitzer überzugreifen, man muss sich einfach nur mal den Run auf den C4S ansehen um zu verstehen, dass echte Performance nicht mehr gefragt ist sondern einfach nur "bling bling".